Hören Sie bloß mit Best Practices auf!

Einstein brachte es auf den Punkt, indem er sagte, dass "die reinste Form des Wahnsinns ist, alles beim Alten zu lassen und gleichzeitig zu hoffen, dass sich etwas ändert." Wir alle wissen, dass Veränderung notwendig sind - mehr denn je. Warum greifen Unternehmen trotzdem immer wieder auf altbewährte Teams oder Vorgehen zurück? Ein weiterer Sieg für die Bequemlichkeit und für unsere Angst vor Veränderung?

Best Practices verleiten Menschen zu dem Glauben, dass es keinen Raum für Verbesserung gibt. Schließlich gibt es ja bereits ein Vorgehen, das sich in der Vergangenheit bewährt hat. Wieso also Zeit mit etwas verbringen, um herauszufinden, was es sonst noch alles gibt, das im schlimmsten Fall dann noch schief geht?

In jedem Unternehmen gibt es mindestens ein Best Practice-Verfahren, auf das mit Vorliebe und bei Stress unreflektiert und fast schon automatisch zurückgegriffen wird. Denn das, was Sie letztes Mal gemacht haben, hat ja damals gut funktioniert - wieso sollte es also dieses Mal nicht auch klappen?

Manch zukünftige Bedingungen gaukelt ein Bild vergangener Voraussetzungen wider. Das Problem ist, dass diese Vorzeichen sich nur in den seltensten Fällen wirklich bis ins Detail gleichen. So weichen besondere Situationen, in denen sich ein spezielles Vorgehen als geniale Lösung erwiesen hat, fast immer von der gegenwärtigen Situation ab. Denn in der Natur der Dinge liegt es, dass sie sich verändern. So sind Best Practices eigentlich vielmehr Last Practices. Alleine ein Überdenken der Begrifflichkeiten könnte dazu führen, dass Sie das nächste Mal zuerst darüber nachdenken, welche Methode Sie das letzte angewendet haben und ob diese für Ihre gegenwärtige Situation wirklich am besten geeignet ist.

Damit eine bewährte Methode sinnvoll eingesetzt werden kann, sollte sie auch in mehr als einer Situation nützlich sein. Es gibt nichts dagegen einzuwenden, wenn Sie darüber nachdenken möchten, ein bewährtes Vorgehen anzuwenden. Sie sollten nur nicht automatisch ausschließen, weitere Betrachtungen und Bewertungen in Angriff zu nehmen und weiterzudenken. Wenn Ihnen jemand Best Practices vorschlägt und anwenden möchte, dann bitten Sie ihn oder sie gleichzeitig zu diesem Vorschlag auch die detaillierten Informationen über die spezifischen Vorfälle, in denen das Verfahren ausprobiert wurden, mitzuliefern.

Das Wesen eines Best Practice-Verfahrens ist, dass sie normalerweise für ganz bestimmte Geschäftsaktivitäten definiert werden. Das führt dazu, dass das Wissen innerhalb der Unternehmen gesammelt wird. Eine der größten Chancen für Innovation und Optimierungen liegt aber genau in Bereichen, die nicht direkt mit denen Ihres Unternehmens ident oder auch nur verwandt sind. So haben die Leute im Verkauf vielleicht eine großartige Idee, um Kundenerlebnisse zu gestalten. Aber wenn Sie zum Beispiel in der Buchhaltung arbeiten, werden Sie genau diese Idee wahrscheinlich nie erfahren und Ihre Gedanken dazu mitteilen können.

Selbst wenn Sie einen besten Weg, etwas zu tun, finden sollten, kennen Sie möglicherweise nicht die ganze Geschichte dahinter. Best Practices gehen davon aus, dass das wertvollste Wissen explizites Wissen ist und dass es keine Geheimnisse gibt. Doch die meisten Entwickler, die mit definierten Praktiken arbeiten, die dann wiederum in einem Handbuch zum Herstellungsprozess landen, wissen, dass genau die wichtigen und ausschlaggebenden subjektiven Erfahrungen und Entscheidungen fehlen, die erfahrene Anwender im Verlauf einer Umsetzung erleben.

Die Geschichte zeigt, dass Best Practices meistens vor allem Verhinderer und Blockierer sind. Sie machen uns den einfachen Trampelpfad schmackhaft und motivieren uns nicht, selbst kreativ zu werden.

Ein Heilmittel gegen das Best-Practice-Fieber ist, dass Sie sich Best Practices aus anderen Branchen als Ihrer eigenen ansehen und ausborgen. Der Blick auf erfolgreiche Unternehmen, um sich inspirieren zu lassen, ist sehr hilfreich.
Oder Sie beginnen, Herausforderungen und Probleme immer wieder als vollkommen einzigartig und neu zu betrachten. Das ist mitunter extrem zeitaufwendig, aber es ist eine sehr gute Möglichkeit, um Spiele mitzugestalten - und nicht als passive Spielfigur zu enden.

Durchbrüche geschehen nicht, indem Sie blind irgendwelchen Konventionen folgen. Sie passieren, weil Sie genau diese brechen.